Agilität, Scrum, Sprints, Retro, Refinement – Begriffe, die momentan in nahezu jedem größeren Unternehmen präsent sind. Agile Coaches bilden agile Führungskräfte aus, die agile Methoden anwenden, um mit agilen Teams komplexe Produkte zu entwickeln. Diesem Trend sollte man sich als zukunftsorientierte Agentur, in der unter anderem Software entwickelt wird, definitiv nicht verschließen.
Trotzdem stellt sich natürlich die Frage, ob die Anwendung von Scrum als agiles Framework nur ein Hype aus der Startup-Szene ist oder ob es sich dabei wirklich um ein Mittel handelt, um komplexe Anforderungen mit einem performanten Team in kurzer Zeit und qualitativ hochwertig lösen zu können.
Dabei lohnt sich zunächst ein Blick auf die Definition von Scrum aus dem Scrum Guide von Ken Schwaber und Jeff Sutherland:
„Ein Rahmenwerk, innerhalb dessen Menschen komplexe adaptive Aufgabenstellungen angehen können, und durch das sie in die Lage versetzt werden, produktiv und kreativ Produkte mit dem höchstmöglichen Wert auszuliefern.“
Dieses Rahmenwerk wird übrigens schon seit den frühen 1990er-Jahren verwendet, um komplexe Produkte – nicht nur im Software-Bereich – zu entwickeln. Der Begriff Rahmenwerk verdeutlicht, dass es sich dabei nicht um ein striktes Regelwerk handelt, sondern um ein Set an Prozessen, Komponenten und Techniken, die je nach Konstellation und Bedarf verwendet werden können.
Grundsatz dafür ist die Theorie empirischer Prozesssteuerung, die beinhaltet, dass man Wissen aus Erfahrungen gewinnt und Entscheidungen auf Basis von Bekanntem (also gesammeltem Wissen) trifft. Die Prozesssteuerung basiert dabei auf den drei Säulen „Transparenz“, „Überprüfung“ und „Anpassung“.
Die Übertragung dieser Grundsätze auf die Praxis ist relativ simpel:
Alle Beteiligten eines Teams sprechen die gleiche Sprache, teilen ihr Wissen und sind sich einig, wann ein Arbeitsergebnis fertig („Done“) ist. Auf dieser Basis sprinten die Team-Mitglieder los, um einen transparenten Umfang priorisierter Anforderungen in einem definierten Zeitfenster abzuarbeiten. Während diesem Zeitfenster werden die Arbeitsergebnisse ständig überprüft und mit dem vereinbarten Umfang abgeglichen. So werden unerwünschte Abweichungen frühzeitig erkannt und versetzen ein Team in die Lage umgehend zu reagieren. Dadurch können direkt Anpassungen am Prozess, Umfeld oder der Arbeit selbst vorgenommen werden, um zusätzliche Abweichungen zu umgehen.
Um diesen Ablauf zu implementieren, bietet Scrum die entsprechenden Werkzeuge:
Begleitend zu diesen Events findet kontinuierlich und begleitend ein Verfeinerungsprozess der Anforderungen statt, um genügend umzusetzendes Material für den kommenden Sprint zu haben.
Es gibt Studien (bspw. der „Agile Performer Index“), die belegen, dass agile Unternehmen erfolgreicher sind als ihre nicht-agilen Wettbewerber. Jedoch gibt es sehr viele Faktoren, die die hohe Performance eines Scrum-Teams entscheidend ausbremsen können. Dazu zählen beispielsweise externe Abhängigkeiten, räumliche Trennung oder teilnahmslose Stakeholder.
Wenn aber die Rahmenbedingungen stimmen, das Team motiviert ist und die Vorgehensweise ihren notwendigen Raum erhält, können Scrum-Teams exzellente Arbeit verrichten, höchste Qualität ausliefern und sehr viel Zeit – und somit auch Geld – einsparen. Dazu tragen vor allem die kurzen Feedback-Zyklen, die frühe Intervention und der stetige Drang nach umgehender Verbesserung bei. Zudem können durch regelmäßige Schätzungen Prognosen zu möglichen Auslieferungszeitpunkten ermittelt werden.
Dieses agile Konzept erfordert in Unternehmen jedoch häufig ein Loslassen von gewohnten Prozessen und Denkweisen. Ein agiles Team von der Leine zu lassen bedingt Vertrauen in dessen Fähigkeiten und eine Hinnahme des damit verbundenen Risikos. Wenn das Team jedoch beginnt zu „performen“, dann ist das enorme Potenzial des Frameworks sehr schnell zu erkennen.
Die Anwendung von Scrum-Methoden – oder zumindest Teilen davon – kann in einem funktionierenden Umfeld viele Vorteile mit sich bringen, beispielsweise:
Je nach Konstellation können sich jedoch auch Nachteile und negative Auswirkungen – meistens aufgrund unpassender Rahmenbedingungen oder „politischer“ Konstellationen – ergeben, beispielsweise:
Zusammenfassend lässt sich die Frage nicht eindeutig beantworten. Agile Methoden sind als Hype einzustufen, wenn Entscheider oder Berater diese einem Unternehmen aufzwingen, ohne dass die Strukturen dazu passen oder die Bereitschaft für Veränderung vorhanden ist. Unternehmen, die nur agil sind, weil agil gerade im Trend und Scrum ein tolles Buzzword ist, ansonsten aber nichts weiter dafür tun, sollten ihre Strategie wohl eher überdenken.
Wenn Unternehmen jedoch bewusst entscheiden, agile Methoden für die Entwicklung von Produkten einzusetzen und die Strukturen dafür schaffen, dann kann Scrum erheblich dazu beitragen, High Performance Teams zu bilden und durch deren Power exzellente Ergebnisse zu erzielen. Dafür ist häufig ein Umdenken bei den Verantwortlichen notwendig, woraus sich jedoch auch viele Vorteile und Mehrwerte ergeben können. Frischer Wind hat noch nie geschadet…
Generell wählen wir die Werkzeuge für unsere Projekte und Entwicklungen passend zu den Anforderungen und entsprechend der Strukturen unserer Kunden aus. Scrum kommt dabei vor allem im Bereich Software-Entwicklung zum Einsatz, wobei die Rolle des Product Owners (verantwortlich für das Produkt) dabei häufig vom Kunden eingenommen wird. Wir stellen in den meisten Konstellationen das Entwicklungsteam und/oder den Scrum Master (verantwortlich für den Prozess) bereit.
Darüber hinaus fließen bei uns jedoch auch zunehmend agile Ansätze und einzelne Werkzeuge (Sprints, Retrospektiven, priorisierte Backlogs) aus dem Scrum-Framework in klassische Projekte mit ein. Vor allem die kurzen Feedback-Zyklen mit frühzeitigen Interventions-Möglichkeiten sehen wir dabei als erheblichen Vorteil für unsere Kunden – und somit natürlich auch für uns.
Das klassische Pflichtenheft, das monatelang abgearbeitet wird, um danach zu erfahren, dass die damaligen Anforderungen nicht mehr ganz aktuell sind, halten wir eher für ein Auslaufmodell. In der Praxis erleben wir häufig wechselnde Anforderungen und neue Prioritäten, auf die man mit agilen Methoden schnell und unkompliziert reagieren kann.
„Als Certified Scrum Master achte ich in unterschiedlichen Konstellationen darauf, die passenden Werkzeuge einzubringen, um die Prozesse effizienter zu gestalten und agile Methoden gezielt anzuwenden. Dafür ist häufig Aufklärungsarbeit notwendig, die sich im Ergebnis positiv auszahlt.“
Chris Andlauer, Scrum Master im Barth Medienhaus
Wenn Sie einen Scrum Master oder ein Entwicklungsteam für Ihre Idee benötigen und Interesse an agilen Methoden haben, sprechen Sie uns gerne an.
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